Jeder kennt das Sprichwort: „Unser schlimmster Feind sind wir selbst“. Genau das ist unser innerer Kritiker. Er ist unser täglicher Begleiter. Und gerade in Krisenzeiten wie diesen, drückt er wie ein Kieselstein im Schuh auf unseren Gemütszustand.
Hier gibts 3 Tipps damit umzugehen!
Wo kommt er her? Was will er? Was tut er?
Der innere Kritiker ist eine Metapher für unser inneres Selbstgespräch. Und ja … ausnahmslos jeder Mensch spricht in Gedanken mit sich selbst. Sie haben also keine schizophrenen Anfälle – das ist normal.
„Laut Studien sind 90% unserer inneren Selbstgespräche negativ und gegen uns selbst gerichtet. Genau das ist er – der innere Kritiker. „
Ihr innerer Kritiker entstand bereits in Ihrer Kindheit.
Genau gesagt, haben Sie ihn in Ihrer Kindheit erschaffen. In der Zeit als Sie noch keine Ahnung hatten was richtig ist, was falsch ist, was sicher oder gefährlich ist. All das wird Ihnen von Ihrem Umfeld beigebracht.
Also Ihren Eltern und Aufsichtspersonen in Kindergarten, Schule & Co. Als Kind wird Ihnen also durch Kritik, Gebote und Verbote beigebracht wie Sie sich zu verhalten haben. Sie werden gelobt und erhalten Anerkennung, wenn Sie was gut machen und werden geschimpft und bestraft, wenn Sie Scheiße bauen.
Für ein Kind ziemlich einfach zu durchschauen. Denn was fühlt sich besser an? Lob oder Strafe?
Um also diese positiven Erlebnisse öfter zu haben, erschaffen wir schon früh unseren inneren Kritiker. Diese innere Stimme redet uns auf Basis der übernommenen Ge- und Verbote unseres Umfelds, „Missverhalten“ schon aus, bevor es zustande kommt.
„Dadurch vermeiden wir Bestrafungen und somit negative Gefühle und Erlebnisse.“
In unserer Kindheit war das natürlich sinnvoll. Die Kritik, Gebote und Verbote unserer Eltern hatten allesamt nur ein Ziel. Nämlich uns unversehrt durch die Kindheit zu führen. Also uns zu schützen. Unsere Eltern waren unser Schutzschild. Da wir schon früh nach Anerkennung und Lob streben, wie Affen nach der Weintraube, verinnerlichten wir die Ge- und Verbote unserer Eltern und machten sie zu unseren eigenen Denk-Gesetzen. So ist der innere Kritiker in uns entstanden.
Wie schon unsere Eltern, will uns auch unser innerer Kritiker schützen.
„Die Schutzfunktion des inneren Kritikers hat aber zur Folge, dass wir nur mit der Masse mitschwimmen, ohne aufzufallen.“
Somit ist also die Grundintention unseres inneren Kritikers positiv. Er möchte uns schützen. Sollten wir ihn also als unseren liebevollen Schutzengel ansehen? NEIN, keinesfalls.
In diesem Fall gilt, das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Denn unser innerer Kritiker will uns zwar von negativen Gefühlen und Erlebnissen bewahren, ist aber genau deshalb dafür verantwortlich, dass wir uns nichts zutrauen:
Dadurch keine Herausforderungen annehmen, in unserer Komfortzone hängenbleiben und uns letzten Endes weder beruflich noch privat weiterentwickeln.
Ein Beispiel aus meiner beruflichen Laufbahn wie sich der innere Kritiker sehr häufig bemerkbar gemacht hat, bezieht sich aufs Telefonieren.
Ich habe mir in den ersten Monaten fleißig meine Potentialliste geschrieben, mich über die einzelnen potenziellen Kunden informiert und mir auch einen Pitch zurecht gelegt. Ich fühlte mich rundum gut vorbereitet. Bis es zum eigentlichen Telefonieren kam. Mein Handy fühlte sich plötzlich 20 Kilo schwerer an.
Gedanken wie:
– „Den brauch ich nicht anrufen, der sagt sowieso nein“,
– „Warum sollte er ausgerechnet mich buchen?“,
– „Der legt bestimmt auf, sobald ich mich vorgestellt habe“,
– „Da hebt bestimmt nur die Sekretärin ab und die stellt mich sowieso nicht zum Chef durch“,
– „Was ist, wenn ich was gefragt werde und ich keine Antwort darauf habe?“
Dann wirke ich inkompetent und das könnte dann die Runde machen und wenn ich einen anderen potenziellen Kunden anrufe ist es noch peinlicher, wenn der von dem Vorfall schon gehört hat. Und und und …. Diese Gedanken nahmen kein Ende.
Das Ergebnis der Unsicherheit:
Ich fühlte mich so unsicher, dass ich das Telefonieren beiseiteschob und mich wieder in meine Komfortzone – nämlich in die Plan & Strategiephase (bei der nichts passieren kann) begab. Am nächsten Tag genau das gleiche Spiel und den Tag darauf und den Tag darauf und den Tag darauf. Ich verfiel in Aufschieberitis und das alles dank meines inneren Kritikers, der mir einredete, dass ich es lieber lassen soll.
So ist zwar die Absicht unseres inneren Kritikers positiv (in meinem Beispiel wollte er mich vor Ablehnung, Blamage und Scheitern schützen), jedoch sind die Auswirkungen ganz klar negativ (in meinem Beispiel kam ich unnötigerweise in der Anfangszeit beruflich nicht voran).
„Die schlechte Nachricht: Wir können ihn nicht loswerden – Die gute Nachricht. Wir können ihm einen Maulkorb verpassen!“
3 Steps, um den Kritiker zum Schweigen zu bringen
1.) Bewusstsein
In erster Linie müssen Sie sich Ihres inneren Kritikers und seiner Macht und Auswirkung auf Ihren Alltag bewusst werden. Also am besten mal darauf achten, wie häufig der innere Kritiker seine Stimme erhebt. Eine Möglichkeit wäre hierfür, eine simple Strichliste zu führen.
Für Arbeiter, die kaum Zettel und Stift dabei haben, empfehle ich zum Beispiel 10 Kieselsteine morgens in die Hosentasche zu stecken und jedes Mal, wenn sich die innere Stimme in negativer Form meldet, lassen Sie einen Kieselstein rausfallen. Sie werden am Ende des Tages erschreckt sein, wie viele Striche Sie gesetzt haben bzw. wie viele Kieselsteine noch in Ihrer Tasche sind.
2.) Identifikation der Schlüsselmomente
Im nächsten Schritt ist es wichtig, sich einige Minuten Zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, wann und in welchen Situationen der innere Kritiker am häufigsten Auftritt. Denn es ist sinnvoller sich auf einige wesentliche Situationen zu konzentrieren, um diese wieder selbst in den Griff zu bekommen, als zu versuchen an allen Ecken und Enden gleichzeitig etwas zu verändern.
In meinem Fall war dies das Telefonieren. Hier meldete sich der innere Kritiker ausnahmslos jedes Mal. Zudem war das Akquise-Telefonat ein Grundbaustein für meinen Erfolg.
„Es ist ein Prozess. Sei also geduldig mit dir selbst und nimm dir Zeit, deine Schlüsselmomente bewusst wahrzunehmen.“
3.) Rationales inneres Gespräch
Nachdem Sie nun Ihre Schlüsselmomente identifiziert haben, geht es darum diese zu analysieren und durch ein rationales inneres Gespräch den inneren Kritiker zu entkräften.
Zunächst sollten Sie den negativen Gedanken bewusst annehmen und verstehen warum Ihr innerer Kritiker Ihnen in dieser Situation ein Stoppschild vor die Nase hält. Wenn Sie sich erinnern, hat unser innerer Kritiker grundsätzlich positive Absichten – Er will uns schützen. Also müssen Sie der Frage nachgehen, vor was will er mich in diesem konkreten Moment schützen. Vor was muss ich seiner Meinung nach Angst haben?
In meinem Telefonbeispiel will mich mein innerer Kritiker vor allem vor Ablehnung schützen. Also vor einem Nein schützen. Denn ein Nein verursacht klarerweise kein Glücksgefühl. Um also dieses negative Gefühl nach einer möglichen Ablehnung zu vermeiden, hält er mir sein Stoppschild vor die Nase und versucht mit aller Macht mir seine Kontraliste aufs Auge zu drücken.
Und jetzt geht es darum rational darüber nachzudenken, ob diese Angst (in meinem Beispiel die Angst vor Ablehnung – die Angst vor einem Nein) auch berechtigt ist.
Bin ich gerade im Zoo auf dem Weg zum Tigerkäfig und der Tiger ist soeben ausgebrochen, ist die Angst gefressen zu werden berechtigt und ich sollte besser auf meinen inneren Kritiker hören, der mir sagt, du kannst gegen den Tiger nicht gewinnen und in die andere Richtung laufen.
Hier ist sein Schutz klarerweise angebracht.
Ist es aber die Angst vor einem Nein wie in meinem Beispiel, ist es sinnvoll sich mit seinem inneren Kritiker auseinanderzusetzen und zu überlegen, ob diese Angst tatsächlich berechtigt ist. Überlegen Sie sich was im schlimmsten Fall passieren kann und welche Auswirkungen das auf Sie haben kann. In meinem Telefonbeispiel ist das worst case Szenario, dass ich keinen Auftrag bekomme. Und hier gilt es nun die Situation in einem anderen Licht zu sehen.
Für mich war dann die Überlegung, wenn ich nicht anrufe, werde ich zum einen nie herausfinden, ob es tatsächlich ein Nein gewesen wäre und zum anderen auch wenn ich keinen Auftrag bekomme, vor dem Anruf hatte ich auch keinen Auftrag. Es hat sich also nichts verändert. Es ist weder gut noch schlecht.
Eine weitere Möglichkeit…
…um seinen inneren Kritiker gegenüberzutreten ist die Gegenüberstellung von Schmerz (in meinem Beispiel die Überwindung anzurufen und im schlimmsten Fall eine Absage zu bekommen) und der Lohn (in meinem Beispiel ein potentieller neuer zahlungskräftiger Kunde, den ich möglicherweise auch als Referenz für weitere Akquise-Telefonate verwenden kann). Also wenn Ihr innerer Kritiker das nächste Mal mit seinem Negativargument und dem damit verbundenen vermeintlichen Schmerz für Sie Ihre Stimme erhebt, dann kommen Sie mit einem Positivargument und zeigen die potenzielle Belohnung auf, die Sie bekommen können, wenn Sie Ihm sich wiedersetzen.
Fazit
Sich mit seinem inneren Kritiker auseinanderzusetzen bedeutet Mut zu zeigen. Mut bedeutet zu handeln obwohl man Angst hat. Zu handeln obwohl man Angst hat, führt dazu seine Komfortzone zu verlassen und das führt unweigerlich zu Wachstum. Beruflich wie auch privat. Jedes Mal, wenn Sie sich mit Ihrem inneren Kritiker auseinandersetzen, werden Sie ein Stück mehr wachsen und ihm etwas mehr an Stimme und somit Macht über ihn nehmen.
Sehen Sie also Ihren inneren Kritiker als Gefährten, nicht als Gegner bei Veränderungen. Nehmen Sie seine Aussagen bewusst wahr aber hinterfragen Sie kritisch. Ihr innerer Kritiker trifft letzten Endes nicht die Entscheidungen. Das sind Sie. So entscheiden auch Sie wer die Oberhand behält.
Nun sind Sie dran.
Seien Sie mutig und stellen sich Ihrem inneren Kritiker.
Ihr Jürgen Eisserer