„NEIN“ erhöht die Attraktivität

Attraktiv zu sein, bedeutet Begehrlichkeit geweckt zu haben. „Wer aber niemals nein sagt, dessen JA hat keinen Wert!“ Diese vier Buchstaben kosten oftmals große Überwindung. Doch sie können den Wunsch verstärken nun noch eher mit dir zusammenarbeiten zu wollen. Aber warum? Bewusst und aus Stärke heraus Nein zu sagen, schützt uns vor unliebsamer Mehrarbeit, unvereinbarten Vorschlägen und steigert das Selbstvertrauen – das macht attraktiv.

Es gibt sie. Die Menschen, die völlig selbstverständlich mit einem Nein als Lieblingswort antworten können, ohne mit der Wimper zu zucken. Und wir respektieren es und finden es auch noch attraktiv. Es zeugt von Stärke und Unabhängigkeit. Evolutionär bedingt sprechen wir also von Menschen, die unser Überleben sichern können. Dann gibt es aber auch die Menschen, die als grundsätzlich positiv gestimmter, hilfsbereiter Mensch lieber Ja sagen und jede neue Herausforderung annehmen.

Warum das Nein sagen so schwerfällt

Wir leben in einer Gesellschaft, die durch die Erziehung in der Kindheit so angepasst ist, dass die Meinung herrscht: „Wenn ich mache, was von mir verlangt wird, bin ich liebenswert.“ Eine äußerst unglückliche Entwicklung, sagt Rhetorikexperte Jürgen Eisserer. Das Ja sagen ist also äußerst verlockend. Man gilt als gute Kollegin, als hilfsbereit und enttäuscht andere damit nicht. „Außerdem geht man damit jedem Konflikt aus dem Weg. Schlecht, denn wir haben das Streiten verlernt.“

Nein ist die Angst der Ablehnung

Das Ja, rutscht uns also deshalb heraus, weil wir gemocht werden wollen und andere nicht enttäuschen möchten. Ein Nein erzeugt aber noch etwas. „Die Angst vor Ablehnung. Sowohl meiner Idee, als auch, dass ich mit meinem Gegenüber dann gar nicht mehr zusammenkomme. Aber diese Angst ist in den meisten Fällen unbegründet“, sagt Eisserer. „Ich persönlich habe es noch nie erlebt, dass mich jemand weniger gemocht hat, wenn ich ein Nein von Herzen sage, weil ich mit dem Vorschlag wirklich nicht einverstanden bin.“ Die Angst vor Egoismus ist also zu weit hergeholt. Es zeigt von Respekt und Selbstkenntnis, wenn ich auf meine Ressourcen schaue oder einen ersten Gehaltsvorschlag ablehne. In beiden Fällen bedeutet das noch lange nicht, dass ich meinem Gegenüber nicht doch entgegenkomme. Es ist aber für Bewerber oder Mitarbeiter ein Zeichen wo die Grenzen sind. „Um mich musst du schon kämpfen“, suggeriert also, dass du als Person, deine Zeit oder Leistung es wert ist, ein wenig mehr darum zu streiten. Bei Menschen, die diese Grenzen nicht akzeptieren, läuft man also sehr rasch Gefahr, ausgenutzt zu werden.

Suggestivfragen – die Manipulation durch die Hintertür

Der Alltag ist von viel Arbeit und Druck geprägt. Wenn sich Kollegen an uns wenden, dann freuen wir uns zwar. Aber das bedeutet noch nicht, dass man der Bitte nachkommen muss. Gerade Menschen, die etwas Feingefühl, also Empathie, für ihr Gegenüber haben, tun sich dabei sehr schwer. „Empathie bedeutet aber nicht, jedes Problem von Kollegen anzunehmen“, sagt Eisserer. „Ich verstehe dich wirklich. Mir geht es oft selbst so. Bitte verstehe also auch mich, dass…“ empfiehlt der Rhetorik-Trainer eine Formulierung mit der du dich schützen kannst.
Oft wird aber eine Bitte so formuliert, dass du gar nicht anders kannst, als dazu mit Ja zu antworten. Solche Fragen an dich, beginnen oft mit „Sei so lieb“, oder „Bist du so nett und machst…?“. Dabei wird die Angst jemanden abzulehnen befeuert und auf dein „Feingefühl“ appelliert – niemand will alleine gelassen werden. Das muss nicht zwangsläufig Absicht sein. Eine neutrale Formulierung wäre: „Wie sieht es mit deiner Zeit aus? Kannst du mich bei Projekt Xy unterstützen?“

Nein sagen lernen

Nein zu sagen, ist nach wie vor schwierig. Deshalb gibt es mehrere Wege es zu sagen ohne es in den Mund zu nehmen. Wir können uns daran annähern indem wir sagen: „Erstmal danke, dass du dabei an mich gedacht hast, aber ich habe selbst zu viel Arbeit. Ein anderes Mal vielleicht gerne.“ Außerdem kannst du die Bitte auch ohne Vorwurf hinterfragen: „Danke dir, wie kommst du dabei auf mich?“ Das verschafft dir etwas Zeit zum Nachdenken. Meist sind wir mit solchen Bitten überrascht, sodass wir aus der Spontaneität heraus Ja sagen, obwohl wir Nein meinten. Mit der Antwort auf die Gegenfrage beruhigst du dich etwas und kannst viel eher ein Nein formulieren.
Zeit verschaffen kannst du dir auch, indem du um Bedenkzeit bittest. „Lass mir kurz ein paar Minuten, um meine eigene To-Do—Liste zu checken“. Auch in Bewerbungsgesprächen ist das ein durchaus akzeptiertes Mittel, den Gehaltsvorschlag für eine Minute durchzudenken. Vielleicht sogar den Raum zu verlassen und sich damit zu sammeln. Kein Recruiter wird dich dafür verteufeln – im Gegenteil – das macht dich noch attraktiver, denn der Kampf um dich und deine Kompetenz beginnt nun erst wirklich.

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